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no more bullshit 2024.


müssen wir wirklich noch mehr wissen, um das richtige für unsere gesundheit zu tun? was wir im nächste Jahr wirklich brauchen.


Immer mehr Wissen schwemmt in unsere Feeds, E-Mail-Postfächer und vor allem in unsere Gehirne. Manches davon, das meiste, um ehrlich zu sein, fließt allerdings durch ein Ohr rein und durchs andere wieder raus, weil wir dieses Wissen nicht oder noch nicht anwenden können. Nur angewandtes Wissen hat für uns schließlich auch einen Praxisbezug, denn es ist erfahrbar, sichtbar und spürbar.

Ist immer mehr wissen die magische Formel zu mehr Gesundheit im Alltag? Bildquelle: Canva.


warum detail- und fachwissen im alltag oft nutzlos ist.


In Bezug auf unsere Gesundheit ist der Wissenszuwachs in den Wissenschaften unerlässlich. Es gibt so viele Krankheiten, die wir noch nicht ausreichend genug verstehen oder die, wie z.B. Krebs eine ganz eigene Intelligenz besitzen und uns oft noch einen Schritt voraus sind. Hier müssen Signalwege entdeckt und erforscht, Rezeptoren gemodelt und Compounds getestet werden, an Zelle, Tier und Mensch in jahrelangen Versuchsreihen und klinischen Studien. Ohne Frage eine sehr wichtige Arbeit aus meiner Sicht, aber ich bin möglicherweise voreingenommen. Berufskrankheit.

Wissenschaft und Wissen zu schaffen ist mir wichtig. Das war immer der Teil, der mir an meinem Beruf als Wissenschaftlerin gut gefallen hat, ja, der mich geradezu magisch angezogen hat (und das noch immer tut) und der mich durch all die frustigen Zeiten der mühsamen Datensammlung und erfolglosen Experimente, Drittmittel-Bürokratie und patriarchaler Missachtung meiner Fähigkeiten am Ball gehalten hat. Je komplizierter und komplexer eine Fragestellung, desto leidenschaftlicher war mein Engagement, desto ausgeprägter mein Hyperfokus.

Als ich jedoch anfing mit Menschen im Coaching zu arbeiten und es darum ging, Gesundheit im Alltag umsetzbar zu machen, stand ich plötzlich vor ganz anderen, wenn auch nicht minder komplexen Fragestellungen. Es war plötzlich sehr unwichtig, ob ein Zelltyp in einen anderen differenzieren könnte oder ob ein Bindungsmotiv für einen Antikörper stark genug wäre für eine Fluoreszenzfärbung oder was die beste Adresse für ein NextGen Sequencing ist. Es ging darum, wie Ute es schaffen würde, zwischen drei kleinen Kindern und Hund und Job noch eine Runde Krafttraining einzubauen und ob das überhaupt notwendig wäre. Es ging darum, dass Beate zwar weiß, wie man sich gesund ernährt, sie es aber einfach nicht umsetzen kann. Und es ging um Thomas, den Typ 2 Diabetiker, der es einfach nicht schaffte, den Fernseher abends schon um 21 Uhr, statt um 23 Uhr auszumachen. Um diese Menschen auf ihrem Weg zu unterstützen, war mein ganzes Detail- und Fachwissen schlichtweg komplett nutzlos. Es brauchte Feingefühl und echte Empathie. Es brauchte nachhaltige Konzepte zur Umsetzung, denn nur Ziele zu formulieren ist leicht, aber deren Umsetzung hingegen funktioniert für die wenigsten Menschen. Ich musste lernen, wie ich selbst für mich und für andere funktionierende System entwickeln kann, damit gesunde Veränderungen auch nachhaltig bleiben würden und kein Sturm im Wasserglas, wie die neueste 30-Tage Challenge.


Mehr Wissen gleich mehr Gesundheit oder ist weniger mehr? Bildquelle: Canva.


welches wissen brauchen wir und wenn ja, wieviel davon.


Dieser Weg ging über Wissen, nur nicht so, wie ich es kannte, oder wie viele andere es nutzen, nämlich in einem ständigen, überfordernden Informationsfluss. Es ging nicht um mehr Wissen im Sinne von mehr Fakten ansammeln, Publikations-Überschriften und sinnbefreite Entfremdung solcher Informationen von Coaches, die eigentlich nur ihren eigenen Kontostand im Sinn haben. Warum sollte ein Stefan sich um so etwas Abstraktes wie Autophagie sorgen? Etwas, das in der Wissenschaft zwar etabliert, aber in real-time kaum zu untersuchen ist, wenn man sich nicht regelmäßig eine Muskelbiopsie aus dem Oberschenkel stanzen möchte und von dem unklar ist, ob und in welchem Grad es verschiedenen Geweben stattfindet und eine Rolle spielt. Sollten wir wirklich fasten und uns dabei vorstellen, es fände mehr Autophagie statt, obwohl wir es überhaupt nicht überprüfen können? Du kannst Autophagie, wie viele andere abstrakte Gesundheitsinformationen, nicht fühlen oder sehen, auch nicht an einem Sixpack, den du nicht hast. Dies als Konzept in der Fitness- und Wellnesswelt einfach mal rauszuhauen, ist Bullshit. Genauso wie: Getreide und Kohlenhydrate seien schlecht für uns, irgendwelche Lebensmittel, Gewürze oder Supplements den Stoffwechsel ankurbeln würden, man Gesundheit am Gewicht ablesen kann und Intervallfasten gut für uns sein soll. Musst du wirklich wissen, was mTOR oder AMPK machen, oder sind das einfach nur Nebelbomben um sich einen Pseudoexpertenstatus zu verleihen? Alles Bullshit. Ich könnte noch endlos so weitermachen, denn wann immer ich meine Social Media Apps öffne, in eine Zeitschrift schaue oder Artikel und Bücher von selbsternannten Experten lese, möchte ich fast weinen. Oder lachen. Oft weiß ich das nicht so genau. Auf jeden Fall müssen wir uns nicht wundern, dass die Skepsis gegenüber der Medizin wächst, wenn ihre wissenschaftliche Grundlage derart instrumentalisiert und zweckentfremdet wird.


die wellnessszene hat uns jahrelang an der nase herumgeführt.


Was uns glaube ich so langsam dämmert, ist dass die Wellnessszene die Menschen Jahrzehnte an der Nase herumgeführt hat, begünstigt durch eine absolut passive Gesundheitspolitik. Denn, wenn das alles, was sie anbietet und bewirbt wirksam wäre, würden wir heute nicht da stehen, wo wir stehen: in den Industrieländern sind oft mehr als 50% der Menschen übergewichtig und etwa weitere 25% sind normalgewichtig fettleibig, weil sie zu wenig Muskelmasse haben. Erkrankungen, die absolut vermeidbar wären, wie Typ 2 Diabetes und Herzkreislauferkrankungen, sowie degenerative Skelettsymptomatiken, bei denen Gelenke operativ repariert oder am besten gleich ersetzt werden, sind irgendwie schon erwartbar und normal geworden. Wir steuern gesundheitlich auf ziemlich dunkle Zeiten zu, wenn wir nicht endlich Konzepte entwickeln, die für Viele umsetzbar sind. Eins davon habe ich mit meinem lieben Kollegen Dominik Barkow in unserem Buch “unbeweglich war gestern” ausführlich behandelt. Denn ein Gefühl, dass ich oft habe ist: wir haben nicht mehr viel Zeit, um das kollektive Mindset rechtzeitig und nachhaltig zu verändern. Statt auf unserem Bürostuhl zu sitzen und nur noch Möhren zu knabbern und dabei unserer Muskulatur beim Verfall und Schwund zuzuschauen, müssen wir wortwörtlich eigentlich nur aufstehen. Ich frage mich oft, warum wir unsere Ernährung in Sachen Energiegehalt an unseren sesshaften Lebensstil anpassen sollten, wenn wir es auch andersherum machen könnten. Warum sind Krafträume keine Durchgangsschleusen auf dem Weg zur Arbeit? Warum sind höhenverstellbare Schreibtische und Bewegungsräume zwar in der freien Wirtschaft Standard, aber nicht in der Uniklinik, in der ich jahrelang gearbeitet habe? Sowas darf man ja eigentlich keinem erzählen, dass eine Einrichtung wie eine Uniklinik nicht in diese Art der Prävention investiert. Nur mit jährlichen Grippeimpfungen ist es ja nicht getan. Auf jeden Fall habe ich viele solcher Fragen, ich weiß nur nicht genau an wen ich sie richten soll.


was ein legohaus und deine gesundheitsroutine gemeinsam haben.


Wir könnten jetzt endlos so weitermachen, denn ich denke auch dir wird beim Lesen das ein oder andere Beispiel eingefallen sein. Der Punkt ist: Wir haben keine Zeit mehr für Bullshit-Bingo. Wir müssen aufhören, den Leuten Intervallfasten zu empfehlen, sondern wir müssen den unbequemen und anstrengenden Weg zur Gesundheit einfacher und offensichtlicher machen. Und das geht meines Erachtens nicht dadurch, dass wir immer mehr Wissen und Fakten präsentieren, sondern das Subtrahieren lernen. Der Arbeitsforscher Hans Rusinek beschreibt in einem Interview in der aktuellen brand eins und in seinem Buch, dass Menschen, wenn sie gebeten werden etwas zu verbessern, eher dazu neigen, etwas hinzuzufügen, etwa einen Text oder ein Legohaus. Dadurch wird z.B. der Text länger und sperriger und beim Legohaus gehen einem irgendwann auch noch die Steine aus. Und genau so geht es uns, wenn wir uns derzeit um unsere Gesundheit kümmern wollen: wir nehmen lauter Dinge dazu. Eine neue Morgenroutine, zusätzlich zum chaotischen Morgen mit drei Kleinkindern, die Me-Time als zusätzlicher Punkt auf der To-Do-Liste, einen Alarm, damit wir nicht vergessen unsere Supplements zu nehmen und fünf Extraminuten für das blöde Dankbarkeitstagebuch. Unsere Gesundheitsfürsorge wird dadurch sperrig und langwierig und dann geht uns irgendwann die Zeit aus, denn Zeit haben wir ja alle bekanntermaßen keine. Wir haben verlernt, was das Wesentliche ist, und dass wir diesen ganzen Bullshit nicht brauchen, wenn wir uns darauf konzentrieren würden, was wirklich wichtig ist.


haben wir wirkllich ein schlechtes gewissen?


Wir fühlen uns oft schlecht, weil wir nicht alles schaffen, was all die geschönten Instagram Profile uns suggerieren und interpretieren dies als unser eigenes Versagen. Ich aber glaube, dass dieses schlechte Gefühl etwas anderes ist und dass, wenn wir den wahren Grund für unser Unwohlsein erkennen würden, alles ein bisschen leichter werden würde. Der Grund? Wir haben keinen Bock mehr auf den Bullshit der Wellnessindustrie.

Wenn ich meine Coachees auf dem Weg zu ihrem individuellen Fahrplan manchmal frage, was für sie denn wirklich wichtig ist, dann sagen sie nicht “gut aussehen (zu abstrakt)”, “mehr Autophagie oder Longevity (weil sie gar nicht erklären können, was das überhaupt ist)”, “oder dünner sein (weil, entschuldigung, wofür nochmal…?)”. Sie sagen Sachen wie “ich will mich einfach wohlfühlen in meinem Körper”, “ich will mehr Zeit mit den Menschen verbringen, die ich liebe” oder auch etwas konkreteres wie “ ich will weniger Schmerzen” oder “ich will meinen Körper besser verstehen lernen” bis hin zu “ich will einen regelmäßigen Stuhlgang”. Manchmal müssen wir diese Fragerunde mehrmals machen, denn es kann sein, dass jemand das erste Mal kommt und sich mehr Effizienz, weniger Gewicht oder etwas anderes Oberflächliches wünscht, bis der- oder diejenige erkennt, dass das hohle Vorstellungen sind, von denen man sich an seinen dunklen Tagen nicht ernähren kann und sich diese Dinge deshalb so schlecht in das Leben der jeweiligen Person integrieren lassen.

Leider ist der Mensch so konzipiert, dass es ihm immer erst ein bisschen bis sehr schlecht gehen muss, bis er ins Handeln kommt. Der beste Antrieb scheint immer der zu sein, wenn wir uns selbst so richtig auf den Geist gehen. Erst, wenn wir feststellen, dass wir tausende von Euros oder Unmengen Energie in die falschen Maßnahmen investiert haben und wir deswegen finanziell wie emotional pleite sind, dämmert uns, wie es eigentlich gehen könnte.


das wesentliche zählt.


Weil wir so sind, wie wir eben sind, geben wir für Gesundheits-Bullshit eine Menge her und das oft für sehr lange Zeit, obwohl wir ja eigentlich keine Zeit haben und obwohl dieser Bullshit nicht dazu führt, dass wir uns besser fühlen. Wie aber könnten wir uns besser fühlen? Die Antwort ist meines Erachtens so einfach wie scheinbar schwer in der Umsetzung: wenn wir weniger machen und weniger wissen, zumindest von den falschen Dingen.

Wenn wir uns auf das Wesentliche konzentrieren würden, könnten wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: wir würden für mehr kollektive Gesundheit sorgen, indem wir die Säulen der Gesundheit, Schlaf, Ernährung, Bewegung und Stressmanagement in ihrer einfachsten Form integrieren würden. Außerdem würden wir dem ebenfalls kollektiven Überdruss an Wellnessindustriebullshit Rechnung tragen, wenn wir die einfachen Dinge tun würden: mehr schlafen, besser essen, richtig bewegen und Stress effektiv managen. Das klingt jetzt natürlich alles sehr einfach und simpel. Mir ist durchaus bewusst, dass die Umsetzung deutlich komplexer sein kann. Meine Erfahrung zeigt allerdings, dass ein großer Teil dieser vermeintlichen Komplexität ausschließlich in unseren Köpfen existiert. Ich treffe Frauen in den Wechseljahren, die sich zu erwachsen fühlen, um schon um 21 Uhr ins Bett zu gehen, obwohl sie unter Schlafmangel leiden. Ich arbeite mit Mehrgewichtigen, bei denen es in Sachen Gesundheitsfürsorge höchste Eisenbahn ist und die trotzdem sagen, spazieren sei langweilig. Und ich arbeite mit Menschen, die irgendwie zu glauben scheinen, ich hätte eine bestimmte magische Zauberübung, die sie plötzlich entspannen würde, zeitsparend und effizient und ohne viel Aufwand.


wer nichts tut, muss auch keine verantwortung übernehmen.

Uns wird viel Bullshit erzählt, ja das stimmt. Einen großen Teil davon aber erzählen wir uns auch selbst. Ich glaube nicht, dass wir alle die gleichen 24 Stunden haben oder dass wir nicht auch abhängig von den Strukturen sind, in denen wir leben. Ohne Frage muss man das alles mitbedenken, wenn es um machbare Umsetzung geht. Manchmal aber möchte ich mir die Haare raufen angesichts der Passivität, die manche Menschen an den Tag legen, wenn es um die Gestaltung ihrer Freizeit, ihrer Lebenszeit (!) geht. Wir müssen ganz viele Dinge tun, die wir uns nicht aussuchen können und manche Dinge sind auch wirklich schlimm und ungerecht und Empörung und Wut sind angebracht. Aber die Passivität, die wir an manchen Stellen an den Tag legen, wird nicht dazu beitragen, dass sich auch nur irgendetwas verändert. Das mag zwar ganz bequem sein, weil wer nichts tut, muss auch keine Verantwortung übernehmen und kann auch nicht scheitern. Wer immer andere handeln lässt, findet auch immer einen Sündenbock dafür, warum es einem selbst schlecht geht. Und ich spreche nicht von einer verbockten medizinischen Intervention, sondern dass man die 10.000 Schritte am Tag nicht macht, weil man nicht die passenden Schuhe findet, oder dass man kein Krafttraining macht, weil das nur was für Bros im Muscleshirt ist. Glaub mir, die größten Märchen erzählen wir uns selbst. Daher glaube ich, dass ein wesentlicher Teil des Bullshits, den wir in 2024 loslassen dürfen, unsere eigenen Geschichten sind. Denn, wenn ich mir solche Märchen erzähle, dann falle ich auch auf Fehlinformation und Scams rein, wenn sie mir Recht geben. Es gibt es genug Forschung, die zeigt, dass wir immer gerne nur das annehmen, was wir eh schon glauben. Wenn ich also insgeheim an die magische Pille glaube, dann kann man mir Pillen auch ganz easy verkaufen. Da habe ich dann mein Portemonnaie gleich in der Hand. Wenn ich aber glaube, dass Frauen keine Muskeln haben sollten oder können, dann kann man mir noch sooft erzählen, dass es besser für mich wäre, im Fitnessstudio nicht auf den Stepper, sondern an die Hanteln zu gehen, ich würde es nicht tun. Und am Preis würde ich vielleicht auch noch rummäkeln. Weil das aber wichtig ist, werden wir genau dieses Thema z.B. auch in meinem Stoffwechselkurs stoff.wechsel.2024. beleuchten. Hier werden wir uns um echtes Wissen, wesentliches Wissen und vor allem um die Umsetzung kümmern.



Liebe eine Pille oder den anstrengenden Weg nehmen? Bildquelle: Canva.


weniger bullshit, mehr zeit 2024


2024 könnte unser aller Jahr werden, indem wir weniger Bullshit glauben, kaufen und uns selbst erzählen. Weniger Bullshit, mehr Zeit für die wirklich wichtigen Sachen. Auch 2024 werde ich mich daher weiter bemühen unter dem Hashtag #nomorebullshit echtes Wissen zu vermitteln, auch wenn ich manchmal das Gefühl habe, es ist ein Kampf gegen Windmühlen. Denn ob du es glaubst oder nicht, die meisten von uns brauchen weniger. Weniger von den falschen Sachen und mehr Qualität bei den Richtigen.


Dann hat man auch wieder mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben.


Du willst etwas verändern? Dann kontaktiere mich ganz unverbindlich unter kontak@drkatharinakessel.com


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